Vor dem Hintergrund der Argumentation der parteipolitisch liberalen
Politiker in den Bundestagsdebatten um die Umstrukturierungen des
Gesundheitswesens und der Sozialversicherung muten die historischen
Debattenbeiträge der Vertreter des Ärztestandes der 1920er Jahre
seltsam aktuell an. Es sind zwei zentrale Punkte, die damals in den
Reden auf den Ärztetagen stets angesprochen wurden: Der sinkende
Verdienst der (Kassen-) Ärzte, der nur durch die Einnahmen aus der
Privatpraxis kompensiert werden könne und das sinkende Ansehen des
Arztberufes, das aus dem Verlust ärztlicher Handlungsfreiheit
resultiere, indem Krankenkassen und Gesetzgeber den ‚freien’ Beruf
mit Handlungsrichtlinien einschnürten. Die vorliegende Arbeit, selbst
bereits zwei Jahrzehnte alt, aber als sozialhistorische Untersuchung
aufgrund der Quellennähe und –dichte immer noch lesenswert,
versucht, dieses Phänomen der (scheinbaren?) Konstanz zu untersuchen.
Beginnend mit der Professionalisierung des Arztberufes seit der Mitte
des 19. Jahrhunderts und der Einführung der gesetzlichen
Krankenversicherung wird die Veränderung nachgezeichnet, die der
Arztberuf durch die Erschliessung dieses neuen, großen ‚Marktes’
an Kranken erfährt. Während die Berufsausübung und die Stellung des
Arztes im System der Gesundheitsversorgung neue Formen annahmen, blieb
die soziale Herkunft der Professionsangehörigen im untersuchten
Zeitraum relativ stabil und sozial exklusiv. Medizinstudierende
stammten zu einem höheren Prozentsatz aus höheren Einkommesschichten
als die meisten anderen Studierenden – ein Befund, der für die
ärztlichen Standespolitiker in noch höherem Maße zutrifft. Dass die
soziale Herkunft die Sichtweise auf die Kassenkranken prägt, wird
anhand des Verbandsorgans „Ärztliches Vereinsblatt/Deutsches
Ärzteblatt“ herausgearbeitet.
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Zur Sozialgeschichte des ärztlichen Berufsstandes in Kaiserreich und Weimarer Republik
Produktdetaljer
ISBN
9783862269488
Publisert
2019
Utgiver
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Centaurus Verlag & Media
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Product language
Tysk
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Digital bok
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